An der Spitze der ignorierten EU-Regeln steht dabei das ausdrückliche No-Bailout, also das Verbot, dass ver- oder überschuldete EU-Staaten von anderen oder der EU gerettet würden. Diese eindeutige Regel hat der EuGH beiseitegeschoben“..
Das stimmt so nur teilweise. Der Maastricht-Vertrag (1992) wurde durch den heute gültigen Lissabon–Vertrag (2009) abgelöst. In diesen übernahm man zwar die „No Bailout“–Klausel fast wörtlich, ergänzte sie aber durch den Art. 122 AEU–Vertrag. Danach kann Staaten, ..“die von gravierenden Schwierigkeiten ernstlich bedroht sind (…) finanzieller Beistand der EU gewährt werden“.. Die Nichtbeistands–Klausel würde nur die „AUTOMATISCHE“ Haftung, nicht die „FREIWILLIGE“ Übernahme von Bürgschaften verbieten. Dieser Zusatz–Paragraf kam auf Druck der schon damals klammen Südstaaten zustande, die mit Verweigerung ihrer Unterschrift drohten. Ursprünglich wollten sie, dass der „No Bailout“–Passus völlig entfällt. (Wikipedia). Der EuGH hat diese „freiwillige“ Finanzhilfe 2010 als rechtens bekräftigt. Ohne den ominösen Art.122 wäre der „ESM“ (Europäischer Stabilitätsmechanismus / 2012) nicht möglich gewesen. Mit dem „ESM“ als völkerrechtlichem Vertrag wurden u.A, „Bürgschaften“ in „Zahlschaften“ umgewandelt. Da im EU–Rat Nehmer- wie Geberländer 1 Stimme haben, sind letzte erpressbar.
Die EU–Staaten handelten also bei den „Rettungsschirmen“ nicht rechtswidrig. Vielmehr ist der Lissabon–Vertrag eine „windige“ Sache. Jeder normale Geschäftsvertrag würde derart als „sittenwidrig“ gelten.
Da mir an Redlichkeit gelegen ist, stelle ich den gesamten Wortlaut des Art 122 AEUV nachstehend ein. Dann kann sich jeder Leser ein Urteil bilden:
„Artikel 122 (ex-Artikel 100 EGV)
(1) Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission unbeschadet der sonstigen in den Verträgen vorgesehenen Verfahren im Geiste der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten über die der Wirtschaftslage angemessenen Maßnahmen beschließen, insbesondere falls gravierende Schwierigkeiten in der Versorgung mit bestimmten Waren, vor allem im Energiebereich, auftreten.
(2) Ist ein Mitgliedstaat aufgrund von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen, die sich seiner Kontrolle entziehen, von Schwierigkeiten betroffen oder von gravierenden Schwierigkeiten ernstlich bedroht, so kann der Rat auf Vorschlag der Kommission beschließen, dem betreffenden Mitgliedstaat unter bestimmten Bedingungen einen finanziellen Beistand der Union zu gewähren. Der Präsident des Rates unterrichtet das Europäische Parlament über den Beschluss.“
Quelle: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/…
Und vom EuGH erwarten Sie Rechtsprechung?
So, so.
Das ist Anlaß genug, die Leser an dieser Stelle daran zu erinnern, daß es neben dem AEUV (VERTRAG ÜBER DIE ARBEITSWEISE DER EUROPÄISCHEN UNION) auch noch den EUV (VERTRAG ÜBER DIE EUROPÄISCHE UNION) gibt. Daraus zitiere ich zu den „BESTIMMUNGEN ÜBER DIE ORGANE“ (Quelle wie oben angegeben):
„Artikel 13 [EUV]
(1) Die Union verfügt über einen institutionellen Rahmen, der zum Zweck hat, ihren Werten Geltung zu verschaffen, ihre Ziele zu verfolgen, ihren Interessen, denen ihrer Bürgerinnen und Bürger und denen der Mitgliedstaaten zu dienen sowie die Kohärenz, Effizienz und Kontinuität ihrer Politik und ihrer Maßnahmen sicherzustellen.
Die Organe der Union sind
— das Europäische Parlament,
— der Europäische Rat,
— der Rat,
— die Europäische Kommission (im Folgenden „Kommission“),
— der Gerichtshof der Europäischen Union,
— die Europäische Zentralbank,
— der Rechnungshof.
(2) Jedes Organ handelt nach Maßgabe der ihm in den Verträgen zugewiesenen Befugnisse nach den Verfahren, Bedingungen und Zielen, die in den Verträgen festgelegt sind. Die Organe arbeiten loyal zusammen.
(3) Die Bestimmungen über die Europäische Zentralbank und den Rechnungshof sowie die detaillierten Bestimmungen über die übrigen Organe sind im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union enthalten.
(4) Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission werden von einem Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie einem Ausschuss der Regionen unterstützt, die beratende Aufgaben wahrnehmen.“
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ist demnach eines der Organe der EU (Nein, das ist nicht EUROPA, sondern das Konstrukt eines politischen Projekts). Und dieses Organ, das als Gericht getarnt auftritt, ist –so ganz unzweideutig in Art 13 Abs. 2 S. 2 EUV bestimmt- zur loyalen Zusammenarbeit mit den anderen Organen verpflichtet.
Allein das hätte zu Zeiten, zu denen die staatlich betriebene Unbildung noch nicht so weit vorangeschritten war wie sie es heute ist, womöglich Aufstände provoziert.
Heute delektiert sich jeder hergelaufene Supranationalkollektivist an solchen Vorschriften und jubelt –noch ein wenig verhalten- darüber, daß die Untertanen ihr neues und noch schweres als das bisherige Joch -den supranationalen-Zentralstaat mit staatlich überwachten Schwundgeld- in dem ihnen anerzogenen Irrtum auch noch nicht sehenden Auges herbei wählen.
Und auch das sei noch gesagt: weder sind alle Staaten des Kontinents Europa Mitglieder der EU, noch sind alle in der EU gefangenen Staaten Mitglieder der Euro-Zone.
Daß Befürworter des supranationalen Zentralismus, Kollektivismus und Interventionismus diesbezüglich ungern differenzieren, ist nicht verwunderlich. Mit offenem Blatt spielen sie längst nicht mehr; wenn sie es denn jemals taten.